Der epileptische Anfall ist ein häufiges notfallmedizinisches Krankheitsbild; ein Status epilepticus hingegen tritt (zum Glück) selten auf, mit einer Inzidenz von 10-30/100.000/Jahr im europäischen Raum. Ein konvulsiver Status stellt einen lebensbedrohlichen Notfall mit einer Mortalität von ca. 15 % dar, der als solcher erkannt sowie behandelt werden muss.
Hinweis: In diesem Artikel geht es ausschließlich um erwachsene Patient*innen.
QuickSheet konvulsiver Status epilepticus Eskalationstherapie bei Erwachsenen |
1. Lorazepam 4 mg i.v. oder Midazolam 10 mg i.m./i.n. |
2. Lorazepam oder Midazolam wiederholen nach 3-5′ |
3. Levetiracetam 4 g i.v. über 10′ |
4. Ketamin 1 mg/kg bzw. Esketamin 0.5 mg/kg langsamer Bolus |
5. Propofol 2 mg/kg + Intubation |
begleitend ggf. Glukose i.v. 40 % 60 ml, Thiamin i.v. 300 mg, Temperatursenkung mit Paracetamol i.v. 1 g |
cave: die Ketamin Empfehlung weicht von der Leitlinie ab. |
Definition
Was ist überhaupt ein Status epilepticus?
- Ein epileptischer Anfall, der >5 Minuten dauert, oder
- Zwei epileptische Anfälle ohne Wiedererlangen des neurologischen Vorniveaus zwischen den Anfällen.
Cave: es reicht nicht, wenn die Patient*innen zwischendurch wach geworden sind; sie müssen den neurologischen Vor-Status erreichen.
Für unsere notfallmedizinische Zwecke gilt das Zeitlimit von 5 Minuten. Dies ist auch in der Leitlinie so festgelegt. Allerdings wurden eigentlich als Zeitlimit 5 Minuten für den generalisiert oder fokal zu bilateral tonisch-klonischen Status, 10 Minuten für den fokalen Status mit oder ohne Bewusstseinseintrübung und 10-15 Minuten für den Absencenstatus in der Literatur beschrieben.
Besonders im zweiten Fall der Definition (>2 Anfälle) wird die Situation häufig verkannt oder als „Anfallserie“ verharmlost. Hier ist es wichtig, dass Kind beim Namen „Status“ zu nennen, sodass das ganze Team ein gemeinsames mentales Modell über die weitere Behandlung hat.
Ein nicht-konvulsiver Status ist diagnostisch tückisch. Hier sollte man neben der Bewusstseinsstörung nach dezenten Myoklonien periokulär, perioral oder an den distalen Extremitäten suchen! Ein nicht-konvulsiver Status oder ein fokaler Status epilepticus sind nicht so gefährlich wie ein konvulsiver generalisierter Status. Besonders tonische Anfälle führen rasch zur metabolischen Azidose und Laktatämie. Ein fokaler nicht-konvulsiver Status schließt sich häufiger an einen tonisch-klinischen Anfall an. Eine aggressive Therapie eines nicht-konvulsiven Status kann eher schädlich als nützlich sein.
Bei konvulsivem, generalisierten Status -> aggressive Therapie!
Pitfalls
Häufige Fehler sind das Verkennen des Status, die Unterdosierung der Benzodiazepine und die Unterdosierung von Anfallssuppressiva (aka Antikonsulsiva). Dies ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität vergesellschaftet! Je länger der Status besteht, desto schwieriger wird es, ihn zu beenden. Eine weitere Eskalation der Therapie führt zum längeren Krankenhaus-Aufenthalt, Intensiv-Aufenthalt, Beatmungspflichtigkeit mit den assoziierten Komplikationen (Pneumonie), bleibenden neurologischen Schäden sowie erhöhten Behandlungskosten. Auch ein Lungenödem oder Herzrhythmusstörungen können im Rahmen eines Status vorkommen.
Das würde sich alles vermeiden lassen, wenn man vom Anfang an nach einer „hit hard“ Vorgehensweise verfährt. Time is brain – auch bei Status!
DD PNEA
Wenn man den Verdacht auf einen Status epilepticus stellt, sollte man sich fragen: ist es tatsächlich ein Status, oder doch psychogene nicht-epileptische Anfälle (PNEA)?
Charakteristika, die für eine psychogene Ursache der Beschwerden sprechen
Hinweise für PNEA |
Asynchrone/irreguläre modulierbare Bewegung wechselnder Lokalisation/Ausprägung |
Zielgerichtete Bewegungen, Beckenbewegungen, Opisthotonus |
Augen geschlossen bzw. zugekniffen mit Widerstand beim passiven Öffnen, Lidflattern |
Pupillen lichtreagibel |
Offener Mund |
Kopfschütteln |
Iktales Weinen |
Areaktives Verharren |
Keine pathologischen Atemmuster oder Apnoe |
Keine Zyanose |
Selten Zungenbiss (wenn, dann eher apikal), selten Enuresis |
Keine Traumafolgen |
Nicht aus dem Schlaf heraus |
Dauer > 10‘ |
Postiktales Flüstern |
Rasche Re-Orientierung |
Beginn durch bestimmte Situation/Stimulus |
Rezidivierender Anfallstatus in der Anamnese |
Psychiatrische Erkrankung (besonders Trauma) in der Anamnese |
Anfall ist nach Auftreten von Prodromi durch Maßnahmen seitens des Patienten abzuwenden |
Ein psychogener nicht-epileptischer Anfall sollte nicht wie ein epileptischer Anfall behandelt werden. Hier haben Benzodiazepinen, Antikonvulsiva oder gar eine Intubation keinen Stellenwert.
Verletzungen
Manchmal ist man so konzentriert auf das D Problem, dass man Verletzungen übersieht. Auch ohne Sturz sind Frakturen oder Luxationen möglich. Systematisch untersuchen!
Ätiologie
Akut | Chronisch |
Schlaganfall (ischämisch/hämorrhagisch) | Epilepsie |
ZNS Infektion | ZNS Tumor |
Metabolische Entgleisung (besonders Hypoglykämie, Hyponatriämie) | Alkoholabusus |
Medikamente (Fehleinnahme, Intoxikation, Entzug) | Hirnabszess |
Hypoxie | |
Sepsis | |
Schädel-Hirn-Trauma | |
PRES | |
Autoimmunenzephalitis | |
Paraneoplastisch |
Eine Erstmanifestation einer „einfachen“ Epilepsie als Status ist sehr selten.
Anamnese
Beim Status sind folgende anamnestische Informationen besonders wichtig:
- Semiologie und Dauer der Anfälle
- Traumafolgen
- Auslöser (Schlafmangel, fehlende Einnahme oder Absorption oder Änderungen der Medikation, Infekt)
- Relevante Vorerkrankungen (Hirninfarkt, Demenz, Hirntumor, Enzephalitis, Hirnatrophie)
- Hinweise für metabolische Entgleisungen
Unter Semiologie versteht man die genaue klinische Manifestation und Ablauf des Anfalls. Man kann dadurch die epileptische Anfälle weiter diagnostisch einordnen und sogar wertvolle Hinweise zur Lokalisation der Läsion bekommen.
Diagnostik

Die Diagnostik läuft parallel zur Therapie. Falls sich neue Erkenntnisse bezüglich der möglichen Ursache ergeben, sollten sie sofort kommuniziert werden, um eine adäquate Behandlung zu gewährleisten. Zum Beispiel sollen bei schwangerer Patientin und V.a. Eklampsie unverzüglich die Magnesium-Gabe oder bei Hypoglykämie hochprozentige Glukose-Lösung erfolgen.
BGA und Labor
Auch nach einem einfachen stattgehabten epileptischen Anfall ist häufig eine metabolische Azidose, Laktat-Erhöhung und Hyperkapnie zu sehen. Bei einem Status werden zusätzlich Myoglobin, Creatinkinase (CK) und Nierenretentionsparameter relevant. In der Differenzierung epileptischer Anfall vs. PNEA kann der Prolactin-Wert helfen; bei epileptischem Anfall ist er häufig (aber nicht immer) erhöht. Bei bekannter Epilepsie und Einnahme von anfallsuppressiven Medikation (ASM) sollte der Medikamentenspiegel bestimmt werden, wenn möglich vor der Akuttherapie; hier einfach bei Zugangsanlage ein Serum-Röhrchen mehr abnehmen.
Don’t forget the fucking sugar!
Praxistipp: Zugang nicht in die Ellenbeuge legen, da erhöhte Dislokationsgefahr.
EKG
Besonders bei erstmaligem Ereignis sollte zeitnah ein 12-Kanal-EKG erfolgen. Eine Herzrhythmusstörung könnte zugrunde liegen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die motorischen Entäußerungen sistiert haben, sonst ist das EKG nicht verwertbar.
Zerebrale Bildgebung
Bei einem Status ist eine Bildgebung zum Ausschluss von Traumafolgen, Hirnödem und zur Eruierung der Ursache (besonders wenn die Epilepsie nicht bekannt ist) indiziert. Meistens reicht ein natives CT aus. Bei unklarer Vigilanzminderung, V.a. Schlaganfall oder V.a. zerebrale Sinus- oder Venenthrombose wird eine zusätzliche CT-Angio (ggf. mit venöser Phase) sinnvoll.
EEG
Ein EEG ist selten notfallmäßig verfügbar. An Bedeutung gewinnt es bei DD nicht-konvulsivem Status oder unklarer Vigilanzminderung. Ein Status, der auf der Intensivstation behandelt wird, benötigt ein kontinuierliches EEG-Monitoring.
Liquordiagnostik
Bei Erstmanifestation einer Epilepsie als Status und V.a. infektiologische (Fieber und Bewusstseinsänderung) oder autoimmune Genese (z. B. Herpes-Enzephalitis oder Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis) sollte eine Lumbalpunktion erfolgen.
Therapie
Die Behandlung des Status epilepticus erfolgt leitliniengerecht nach einem Stufenschema mit 4 Stufen. Für die Notfallmedizin sind die ersten 3 Stufen relevant. In der Leitlinie wird die Therapie erst ca. 5 Minuten nach Beginn des epileptischen Anfalls begonnen. In der Praxis gibt man den Patient*innen für ca. 2-3 Minuten die Chance, aus dem Anfall selber rauszukommen, meistens erfolgt aber dann doch die erste Gabe des Benzodiazepins.
- Benzodiazepin, plus Wiederholung
- Anfallssuppressivum
- Narkoseeinleitung
- Weitere therapeutische Schritte auf der Intensivstation
Status epilepticus Eskalationsschema (LL Status epilepticus im Erwachsenenalter) | ||
Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 |
Lorazepam i.v. 0.1 mg/kg, max. 4 mg/Bolus | Levetiracetam i.v. 60 mg/kg, max. 4.5 g, über 10’ | Propofol i.v. 2 mg/kg |
Midazolam i.v. 0.2 mg/kg, max. 10 mg i.m./i.n.; 10 mg bei >40 kg bzw. 5 mg bei 13-40 kg | Valproinsäure i.v. 40 mg/kg, max. 3 g, über 10’ | Midazolam 0.2 mg/kg |
Clonazepam i.v. 0.015 mg/kg, max. 1 mg/Bolus | Phenytoin i.v. 20 mg/kg über 10’ | Thiopental 5 mg/kg |
Diazepam i.v. 0.15-0.2 mg/kg, max. 10 mg/Bolus (aufg. der langen HWZ eher 2te Wahl) | Phenobarbital 15-20 mg/kg, max. 100 mg/min | |
Lacosamid 5 mg/kg, max. 400mg, über 15-30’ | ||
Gabe ggf. nach 5′ wiederholen | + als Analgetikum (Es-)Ketamin |
Parallel für „Normo“ sorgen: Das Gehirn mag Normoxie, Normokapnie, Normothermie, Normoglykämie, Normotonie. Eine kontinuierliche Überwachung ist obligat. Sauerstoff verabreichen. Absaug-, Intubations- und Reanimationsbereitschaft herstellen.
Eine schwere Hyponatriämie bei Status sollte unverzüglich durch Bolusgabe von hypertoner NaCl-Lösung (z. B. 3 % NaCl 100 ml) behandelt werden. Hierbei nur so lange aggressiv behandeln, bis die schweren Symptome (epileptische Anfälle, Vigilanzminderung) sistieren. Danach eher langsamer Ausgleich (nicht mehr als 6-8 mmol/L/24h) aufgrund des Risikos einer osmotischen Demyelinisierung fortführen, wobei Hyponatriämien, die schnell entstanden sind, auch schneller ausgeglichen werden können. Wichtig ist: Symptome behandeln, keine Labor-Kosmetik betreiben!
Stufe 1: Benzodiazepin
Als Benzodiazepin ist Mittel der Wahl mit der besten Evidenz Lorazepam i.v. Alternativ kann Midazolam i.v., Clonazepam i.v. oder Diazepam i.v. verabreicht werden. Falls kein intravenöser Zugang etabliert wurde (oder schon durch die motorische Aktivität disloziert ist), sollte Midazolam intramuskulär oder intranasal appliziert werden. Viele Patient*innen nutzen Midazolam buccal (oder Diazepam rektal) als Notfallmedikation.
Benzodiazepin adäquat (hoch) dosieren!
Cave: ältere Patient*innen vertragen keine hohe Benzo-Dosis als Bolus. In dem Fall vorsichtig titrieren!
Die Gabe von Benzodiazepin bei fehlendem venösen Zugang nicht verzögern. Alternativen Applikationsweg nutzen!
Falls die erste Benzodiazepin-Dosis erfolglos bleibt, sollte die gleiche Dosis nach ca. 3-5 Minuten wiederholt werden.
An der Stelle möchten wir betonen, dass die adäquate Benzodiazepin-Gabe bei Status epilepticus nicht zur erhöhten Intubationsraten führen; ganz im Gegenteil. Also keine Angst haben, rein damit! Danach werden die Patient*innen natürlich bewusstseinsgestört sein, aber das ist zu erwarten und an sich kein Intubationskriterium. Geduld ist auch bei Status epilepticus eine Tugend.
Stufe 2: Anfallssuppressivum
Falls beide Benzo-Gaben nicht zum Sistieren des Anfalls führen, sind wir bei der nächsten Eskalationsstufe angekommen: die Gabe eines anfallsuppressiven Medikaments. Praktisch wird häufig parallel zur zweiten Benzo-Gabe das Anfallssuppressivum vorbereitet und direkt verabreicht, auch wenn der Anfall mit den Benzodiazepinen sistiert. Die Patient*innen brauchen ja sowieso eine anfallssuppressive Therapie für den weiteren stationären Aufenthalt.
Hier wird meistens Levetiracetam oder Valproinsäure verwendet. Levetiracetam ist aufgrund des günstigen Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofils besonders beliebt, trotz des off label-use für den Einsatz bei Status. In vielen Landkreisen ist Levetiracetam leider präklinisch nicht vorrätig. Bei Valproinsäure: Vorsicht bei Lebererkankung und bei den diversen Wechselwirkungen. Als 2. Wahl kann laut Leitlinie Phenytoin, Phenobarbital oder Lacosamid angewendet werden. Phenytoin ist kardiotoxisch, soll nur langsam über einen sicheren Zugang (Gewebsnerkosen bei Paravasat) und selbstverständlich (wie alle andere Medikamente im Status!) unter Monitoring appliziert werden. Phenobarbital wirkt stark kardio- und atemdepressiv. Lacosamid sollte bei AV-Block, schwer herzkranken Menschen oder bereits bestehender Natrium-Kanal-Blockade nicht verabreicht werden.
Peak-Konzentrationen im Gehirn werden bei Valproinsäure nach ca. 10 Minuten, bei Levetiracetam nach ca. 90 Minuten, bei Phenytoin nach ca. 60 Minuten erreicht.
Anfallssuppressivum adäquat dosieren!
Auch wenn die Patient*innen in der Hausmedikation Levetiracetam (oder Valproinsäure) haben, bleibt die Dosierung für den Status gleich. Sie wird nicht reduziert/angepasst. Das Anfallssuppressivum wird als Kurzinfusion meistens über 10-15 Minuten verabreicht. Bei Lacosamid sollte die Laufrate 200 mg pro 15 Minuten betragen, die Infusion dauert also 30 Minuten, falls die Maximaldosis von 400 mg notwendig ist.
Bei 75 kg schwerem Patienten beträgt die Dosis des Levetiracetams bei Status epilepticus 4,5 g. Das sind 9 Ampullen á 500 mg! Die Frage wird oft gestellt, ob man tatsächlich so viel geben möchte. Die Antwort lautet: Ja!
Stufe 3: Narkoseeinleitung
Bei ausbleibendem Erfolg wird bei konvulsivem Status epilepticus weiter eskaliert und eine Narkose eingeleitet. Ziel hier ist nicht nur, den Tubus reinzuschieben, sondern eine tiefe Sedierung zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Dies bedeutet, dass direkt nach der Einleitung die entsprechenden Perfusoren sofort weiterlaufen müssen. Ein EEG-Monitoring auf der Intensivstation ist obligat; hier wollen wir ein sogenanntes Burst Suppression-Muster sehen.
Sonderfall: bei nicht-konvulsivem oder fokalem Status epilepticus wird vorerst auf die Einleitung eines therapeutischen Komas verzichtet!
Für die Einleitung der Narkose wird Propofol, Midazolam oder Thiopental eingesetzt. Mittel der Wahl ist häufig Propofol. Der Perfusor soll anschließend direkt laufen, mit einer Laufrate von 4 mg/kg/h. Die allermeisten Patient*innen benötigen aufgrund der starken Vasodilatation unter dieser Dosis auch einen Noradrenalin-Perfusor.
Als Muskelrelaxans sollte Succinylcholin aufgrund des Risikos für eine Hyperkaliämie und Rhabdomyolyse vermieden werden.
Ziel der Narkose ist das Sistieren der epileptischen Aktivität und nicht das Maskieren der motorischen Entäußerungen durch Muskelrelaxierung!
Falls die Stufe 3 erreicht worden ist, werden die Patient*innen auf der Intensivstation unter kontinuierlichem EEG-Monitoring weiterbetreut. Nach 24 h tiefer Sedierung (und parallel Aufdosierung der anfallsuppressiven Therapie) wird eine EEG durchgeführt und dann entschieden, wie das weitere Prozedere ist. Bei superrefraktärem Status (>24h trotz adäquater Therapie) werden Ketamin, Barbiturate (Thiopental), ketogene Diät, aber auch andere Methoden je nach zugrunde liegender Ursache (Behandlung einer Autoimmunenzephalitis mit immunmodulatorischer Therapie, Epilepsiechirurgie) eingesetzt.
Up and coming: Ketamin
Ketamin wird laut Leitlinie im superrefraktären Status (also erst auf der Intensivstation) eingesetzt.
Es gibt allerdings zunehmend Publikationen, die Ketamin im frühen Stadium (nach der Benzo-Gabe) einsetzen, mit gutem Erfolg. Pathophysiologisch macht es Sinn, da Ketamin an anderen Rezeptoren (NMDA) wirkt.
Besonders präklinisch, wo leider immer noch häufig kein Anfallssuppressivum zur Verfügung steht und man mit dem Rücken an der Wand vor der Einleitung eines therapeutischen Komas steht, kann die Gabe von Ketamin nach den Benzodiazepinen erwogen werden. Auch der Einsatz im Schockraum, um eine Narkose und Intubation zu vermeiden, erscheint legitim. Dazu fehlt aber noch belastbare, hochqualitative Evidenz.
Ketamin ist ein in der Notfallmedizin häufig angewendetes Medikament mit gutem Nebenwirkungs- und Risikoprofil, welches auch bei kardiovaskulär kompromittierten Patient*innen eingesetzt werden kann und nicht so atemdepressiv wirkt wie andere Medikamente in der Status-Behandlung. Alle diese Gründe sprechen ebenfalls für den Einsatz im notfallmedizinischen Setting.
Als Dosierung wird Ketamin 1-3 mg/kg empfohlen.
Sonderfall Schwangerschaft
Bei Eklampsie: Magnesiumsulfat 10 % 40-60 ml als Kurzinfusion + Standard Status-Therapie.
Cave: Valproinsäure, Phenytoin und Phenobarbital sind teratogen. Levetiracetam hat ein niedriges Risiko für Teratogenität.
Fazit
- Could it be PNEA?
- Hit early and hard!
- Benzodiazepin adäquat (hoch) dosieren!
- Anfallssuppressivum adäquat (hoch) dosieren!
- Bei Narkoseeinleitung direkt Perfusor weiter mit hoher Laufrate.
Ausgewählte Literatur
- S2k-Leitlinie Status epilepticus im Erwachsenenalter, AWMF Registernummer 030 – 079
- Netou-Kandylidou, Z. Epileptischer Anfall und Status epilepticus. Elsevier Emergency, 2023; 3: 26-31
- Coles L. et al. Why ketamine. Epilepsy Behav. 2023 Apr;141:109066. doi: 10.1016/j.yebeh.2022.109066. Epub 2023 Jan 4. PMID: 36609129; PMCID: PMC10073319.
- Berlit P. Hrsg. Klinische Neurologie. 4.A. Berlin: Springer; 2020
- ENLS Section Status epilepticus
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